Lass dich verfuehren by J. Kenner

Lass dich verfuehren by J. Kenner

Autor:J. Kenner [Kenner, J.]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Contemporary
ISBN: 9783641146429
Google: BTmbAwAAQBAJ
Herausgeber: Diana Verlag
veröffentlicht: 2014-10-12T22:00:00+00:00


14

Als ich aufwachte, war es stockdunkel. Ich war herrlich entspannt und völlig befriedigt. Evan hatte mich mit Mund und Händen noch zwei Mal zum Höhepunkt gebracht, sich dermaßen auf meine Lust konzentriert, dass ich alles andere um mich herum vergessen hatte. Jede Vernunft, ja die ganze Welt.

Sein Versprechen hatte er trotzdem nicht gehalten – er hatte mich nicht gefickt. Er hatte sich ganz mir gewidmet, mich jede Faser meines Körpers spüren lassen, jeden Millimeter meiner Haut. Er hatte mich völlig fertig gemacht, und als ich schließlich schlaff und schläfrig geworden war, hatte er meine Fesseln gelöst, mich an sich gezogen, und ich war in seinen Armen eingedöst.

Aber jetzt …

Nun, jetzt war ich wach. Und sehnte mich danach, ihn zum Orgasmus zu bringen. Ich wollte spüren, wie er sich in mir bewegte, doch als ich die Hand nach ihm ausstreckte, geriet ich in Panik – er war nicht da.

»Evan?« Ich setze mich auf. Das musste ja nicht heißen, dass er wirklich weg war, beruhigte ich mich. Er konnte genauso gut im Bad sein. Oder am Telefon. Er konnte überall sein.

Aber ich wollte in seiner Nähe sein.

Ich setzte mich auf und tapste ins Bad. Dort war er nicht, also nahm ich meinen Bademantel vom Haken an der Tür, wickelte mich in den Frotteestoff und ging in den Flur, um weiter nach ihm Ausschau zu halten.

Schließlich entdeckte ich ihn im dunklen Wohnzimmer. Er hatte seine Hose angezogen, doch sein Oberkörper war nach wie vor nackt. Die einzige Beleuchtung im Raum stammte von der Vitrine aus Glas und Chrom, in der die Kopie des Buchs der Kreaturen von da Vinci lag. Ich blieb im Schatten am anderen Ende des Zimmers und sah, wie er sich darüber beugte, sodass das sanfte, von unten kommende Licht sein Gesicht und die Efeu-Tätowierung auf seinem Arm auf eine fast magische Art zum Leuchten brachte.

Ich rührte mich nicht von der Stelle. Es war ein sehr privater Moment, schließlich hatte Evan noch bis vor kurzem geglaubt, das Notizbuch würde eines Tages ihm gehören, und ich kam nicht umhin, mich zu fragen, ob er mir deswegen ein bisschen böse war. Der Gedanke belastete mich so, dass ich einen Schritt auf ihn zumachte. »Evan?«

Er sah auf, schien mich aber nicht wirklich zu sehen. Er war mit den Gedanken meilenweit weg. Dann glätteten sich seine Züge, und er lächelte, reichte mir die Hand, die ich nur zu gerne ergriff. »Hallo, meine Schöne, du siehst erholt aus.«

Ich hob das Kinn, um seinen Kuss entgegenzunehmen. »Sie haben mich ganz schön erschöpft, Sir. Aber im besten Sinne.«

Das Grübchen erschien wieder auf seinem Gesicht und bildete einen spannenden Kontrast zu der unheimlichen Narbe über seiner Braue. »Das freut mich zu hören. Hast du Hunger?«

»In erster Linie auf dich«, sagte ich. Ich erwartete ein Lachen und war enttäuscht, dass sein Lächeln gezwungen wirkte und nicht seine Augen erreichte.

Ich räusperte mich. »Um ehrlich zu sein: Ich sterbe vor Hunger.«

Kaum hatte ich das ausgesprochen, stellte ich fest, dass es stimmte: Keine Ahnung, wann ich das letzte Mal etwas gegessen hatte.

»Wenn ich nicht gerade am Grill stehe, bin ich ein furchtbarer Koch«, gestand er.



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